Schon 2004 haben wir erstmals Sperma des heterozygot genetisch hornlosen fullblood Bullen Bellevue´s Kenworth aus Kanada importiert. Aus einer Anpaarung mit Inga, einer unserer besten Kühe (Bundesgruppensiegerin Ried 2003) ging dann unser erster hornloser Deckstier "Kennedy" hervor. Viele unserer besten aktuellen Tiere gehen auf ihn zurück.
(Quelle: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft)
Vier verschiedene Genorte beeinflussen den Hornstatus (Hörner, hornlos, Wackelhorn) des Rindes, von denen bei unseren gängigen Rassen folgende drei von Bedeutung sind:
Der Genort H ist für die Ausbildung der mit dem Stirnbein verwachsenen echten Hörnern verantwortlich. Es wird angenommen, dass er bei allen Rindern - gehörnt wie hornlos - in homozygoter Form (HH) vorhanden ist.
Der Genort P (auch P-Locus genannt, P steht für polled = hornlos) ist entscheidend für das Auftreten hornloser Rinder. P ist dominant über H, d.h. wenn mindestens ein Allel P am Hornlos-Genort
vorhanden ist, bekommt das Rind keine normalen Hörner. Die Ausbildung von sog. Wackelhörnern ist jedoch möglich.
Ein fehlendes Hornlos-Gen wird mit p (als Kleinbuchstabe) dargestellt.
Die gebräuchlichen Hornloskürzel zur Darstellung des Hornstatus-Genotyps am P-Locus:
PP = homozygot (reinerbig) hornlos
Pp = heterozygot (mischerbig) hornlos
P = phänotypisch sauber hornlos, der exakte Genotyp (PP oder Pp) ist noch nicht bekannt
Tiere von Eltern, die beiderseits als homozygot hornlos erkannt sind, können vorzeitig als PP eingestuft werden.
Sind dagegen die Eltern genetisch hornlos, aber nicht beide homozygot, wird der hornlose Nachkomme mit P gekennzeichnet. Über seine Nachkommen wird in vielen Fällen der exakte Status (Pp oder PP)
ersichtlich. Alternativ besteht seit 2010 bei einigen Rassen die Möglichkeit, mittels eines Gentests den vollständigen Genotyp festzustellen.
Ist ein Elternteil gehörnt, der andere genetisch hornlos (PP, P, Pp, PS) so hat ein sauber hornloser Nachkomme stets den Hornstatus Pp.
Rinder, die keine herkömmlichen Hörner bekommen, können entweder sauber hornlos sein oder Zwischenformen wie Wackelhörner (WH) oder Stirnbeulen aufweisen. Verantwortlich für die Ausprägung von
Wackelhörnern WH ist das Wackelhorngen S (S steht für Scurs = Wackelhörner). WH kommen nur bei genetisch hornlosen Tieren zur Ausprägung. S wirkt dabei epistatisch (überlagernd) über P.
WH werden in Abhängigkeit vom Geschlecht des Rindes vererbt: Während bei männlichen Tieren ein vorhandenes S-Allel in Abhängigkeit vom P-Locus ausreichen kann, damit Wackelhörner auftreten, sind
bei weiblichen Tieren gemäß den Vererbungsmodellen beide Allele nötig.
Ein Tier mit WH gilt im Vergleich zu den gehörnten als genetisch hornlos (P), wobei das aufgetretene Wackelhorn mit dem Kürzel S angegeben wird:
PS = genetisch hornlos mit Wackelhorn-Ausprägung
(Kruste(n), kleine bis große Wackelhörner)
Die Spannbreite üblicher Wackelhornausprägungen reicht von fingernagelgroßen Krusten bis zu Wackelhörnern mit über 10 cm Länge. Klassische Wackelhörner weisen keine knöcherne Verbindung mit dem
Stirnbein auf.
Für die praktische Zuchtarbeit genügt zunächst die Kenntnis der Vererbung des P-Locus. Wackelhorn-Tiere können beim Aufbau eines hornlosen Bestandes problemlos toleriert werden, denn auch sie
besitzen das erwünschte Hornlosgen P.
Mit zunehmender Ausweitung der genetischen Hornlosigkeit im Bestand bzw. in der Population sollten dann sauber hornlose Zuchttiere bei vergleichbarer Abstammung und Leistung für die Weiterzucht
bevorzugt werden.
Hornstatus Elternteil 1 | Hornstatus Elternteil 2 | Hornstatus Nachkommen | Hornstatus Nachkommen |
---|---|---|---|
Genotyp (Phänotyp) | Genotyp (Phänotyp) | Genotyp | Phänotyp |
PP (hornlos) | PP (hornlos) | 100 % PP | alle hornlos |
PP (hornlos) | Pp (hornlos) |
50 % PP 50 % Pp |
alle hornlos alle hornlos |
PP (hornlos) | pp (gehörnt) | 100 % Pp | alle hornlos |
Pp (hornlos) | Pp (hornlos) |
25 % PP 50 % Pp 25 % pp |
hornlos hornlos gehörnt |
Pp (hornlos) | pp (gehörnt) |
50 % Pp 50 % pp |
hornlos gehörnt |